Hängen nicht laufen lassen!

Micro - 28.09.2025 - Gesellschaft, Politik, Klimawandel

Wie der Streit um ein einziges Komma über unsere Zukunft entscheidet und nebenher die Welt zerstört.

Politiker zerbrechen sich den Kopf über Details, über die korrekte Setzung eines Satzzeichens, über winzige Fragen der Form und Ordnung. Doch genau in diesem Ringen zeigt sich unser Dilemma: Unsere Regierungen sind Meister im Aushandeln des Nebensächlichen, während die eigentlichen Brüche - Kriege, Klima, Machtverschiebungen - kaum mehr verhandelt werden. Ein falsch gesetztes Komma ändert die Bedeutung eines Satzes. Ein falsch gesetzter Schwerpunkt in Politik und Gesellschaft, verändert die Zukunft des ganzen Planeten.

Während Politiker diskutieren, ob “Hängen, nicht laufen lassen!” oder “Hängen nicht, laufen lassen!” die richtige Lesart ist, verschwinden unser aller Lebensgrundlagen. Der Streit um Kleinigkeiten bietet Politikern Sicherheit, Ablenkung und das Gefühl von Kontrolle - während nebenher das große Ganze entgleitet. Es ist diese Diskrepanz, mit der uns Politiker in die Katastrophe führen: Die Fähigkeit, am Komma zu hängen, aber unfähig zu sein, den Kurs des Ganzen zu erkennen und zu halten!

Politiker messen Fortschritt in Formalitäten, nicht in Überleben oder Gerechtigkeit. Politik wird zur Rhetorik, Wissenschaft wird zur Debatte degradiert, während die Erde unaufhaltsam zerstört wird, die Wasserknappheit zunimmt und soziale Spannungen in Gewalt umschlagen. Die Frage nach einem Komma erscheint plötzlich lächerlich, und doch ist sie symptomatisch. Sie steht für die politische Unfähigkeit, Prioritäten richtig zu setzen, und für die Selbstsicherheit, dass die Politik alles im Griff hätte, solange nur das Kleingedruckte stimmt.

Die Tragik liegt darin, dass Politik Kontrolle vortäuscht, wo keine mehr ist. Politiker verschieben Krisen mit Geld, Machtspielen oder halbherzigen Reformen, bis die äußeren Grenzen nicht mehr tragbar sind. Jede Diskussion um Kleinigkeiten ist die politisch nach außen zur Gesellschaft getragene Illusion von Handlungsfähigkeit. Politiker jonglieren lieber mit Worten, während die Welt um sie und uns herum in Flammen steht und sie begreifen es nicht einmal, weil Politiker die Brände erst sehen, wenn sie unsere Häuser erreichen.

Vielleicht ist es die banalste aller Wahrheiten: Die Welt wird nicht an den großen Plänen scheitern, sondern an der Pedanterie über das Kleine, am Festhalten an formal korrekten Abläufen, während das System selbst zerfällt. Das Komma wird zur Metapher für jede Entscheidung, die wir verschieben, jeden Konsens, den wir nicht fassen, jeden Warnruf, den wir ignorieren.

Es ist eine Einladung, die Perspektive zu wechseln: Nicht das Detail ist entscheidend, sondern die Richtung, in die wir alle gemeinsam blicken. Die Katastrophe wartet nicht auf Klarheit im Satzbau, sie wartet auf unsere Handlungslosigkeit. Und während wir weiter über Kommas streiten, entscheidet die Welt über sich selbst. Und wir haben nur noch die Wahl Beobachter zu sein oder einzugreifen.

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©  361-grad.eu - Streit um ein Komma
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