Konservativ - Mindesthaltbarkeit - bis gestern
Der Begriff “konservativ” kommt aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie “etwas erhalten, bewahren” - also: konservieren.
Was kann man konservieren? Etwas, das vergeht. Etwas, das heute noch gut und morgen schon schlecht geworden sein könnte.
Also ab ins Glas, einkochen, fertig - haltbar gemacht, mindestens bis gestern.
Einleitung
Die Welt dreht sich …
Politisch betrachtet hat man jetzt im Glas das ewige Heute - das, was morgen für alle anderen schon das Gestern ist. Eine gesellschaftliche Entwicklung wurde damit auf lange Sicht konserviert.
Das tut man meist dann, wenn man in der Hoffnung lebt, dass sich bitte nichts verändern möge.
Es soll alles bleiben, wie es ist. Denn Veränderung bedeutet Anstrengung - und das Heute müsste ja täglich neu geschrieben werden.
Die Welt dreht sich weiter, nur die Welt im Einmachglas bleibt stehen. Sie ist von gestern und sieht immer noch schön aus.
Allein der Gedanke an den Inhalt lässt Konservative die Schönheiten des Vergangenen erneut erleben - auch wenn es längst nur noch Erinnerung ist.
Und irgendwann einmal, also in ferner Zukunft, wird das von Konservativen eingekochte Heute für alle anderen zur Büchse der Pandora.
Denn so viel ist sicher: Konservative spielen gern mit dem eingekochten Heute.
Sie verehren es, putzen es, verklären es - und erklären es zum “wir sind die Besten”.
Sie sonnen sich in Erfolgen, die längst anderen gehören.
Wie bei der Erbschaftssteuer: Du musst nichts leisten, kannst aber allen zeigen, wie toll du bist.
Wehe nur, jemand kratzt an der Fassade.
Eines Tages wird jemand von ihnen ein Problem lösen müssen.
Jemand ohne eigene Idee erinnert sich an die “großen Taten” der Vorgänger - und setzt das eingekochte Gestern mit dem Etikett “Heute” wieder in Umlauf.
Nur: Es passt nicht mehr. Es sieht aus wie ein - zwar hübsches, aber dennoch uraltes - Relikt aus einer Zeit, die nicht mehr existiert.
Spätestens dann merkt auch der Letzte, dass das eingekochte Heute, das morgen schon von gestern ist, nicht mehr passt.
Doch statt Neues zu denken, suchen Konservative nach der immer gleichen Lösung.
Denn sie finden immer eine.
Das ist ihr Naturgesetz.
Und es lautet:
Die anderen sind schuld.
Vorzugsweise die Grünen.
Dann Linke. Woke. Schwule. Gender.
Die böse Welt - aber niemals sie selbst.
Selbstreflexion? Abtrainiert.
Na? Schon einen Knoten im Kopf? ;o)
Experimentalpolitik
Die Welt dreht sich weiter …
Das Problem ist nicht, dass CDU und CSU konservativ sind. Das Problem ist, dass sie glauben, Konservatismus sei eine politische Strategie.
Man konserviert dort keine Werte - man konserviert Zeiträume. Wahlperioden vielleicht.
Und da es heute kaum noch etwas gibt, das sich lohnt einzukochen, wärmt man lieber Floskeln von damals auf.
Vom “Wirtschaftswunder” zum “Leistung muss sich wieder lohnen” - je weiter das Wunder zurückliegt, desto größer die Sehnsucht danach.
Man will das Gestern zurück, weil man es versteht. Die Zukunft hingegen macht Angst.
Also bastelt man sich Zukunft aus dem, was man kennt.
Kernfusion? Klingt super - “Fusion” kennen sie ja. Da steckt etwas Altes drin.
Das versteht man, das will man.
Zukunft also als Recycling der Vergangenheit.
Luftschlösser mit nostalgischem Fundament.
Man kann also mit Fug und Recht sagen: CDU/CSU ruhen sich seit Jahrzehnten auf Erreichtem aus - ohne überhaupt einen Begriff davon zu haben, was Zukunft bedeutet.
Veränderung ist für sie keine Chance, sondern eine Bedrohung.
Denn alles, was sich bewegt, könnte ja den Deckel vom Glas heben.
Konservative sind unfähig, sich die Zukunft vorzustellen.
Sie kopieren, entwickeln weiter, kopieren wieder - ein endloses Kreiseln im eigenen Gestern.
Am Beispiel Kerze:
Man forschte so lange an der Verbesserung der Kerze, bis - simsalabim - eine Lampe entstand. Eine Gaslaterne.
Und zack, Fortschritt!
Nein?
Doch.
Oh!
Die Welt dreht sich weiter …
Die Kerze als Sinnbild ist heute das Heizen mit Gas.
Die Wärmepumpe ist die Lampe, die sie nicht verstehen.
Denn sie sehen nichts, sie riechen nichts, sie können nichts anzünden.
Und was man nicht riecht, anzündet oder versteht - das ist gefährlich.
Das wichtigste Argument gegen alles Neue lautet:
“Ich bin Streichhölzer gewöhnt! Jetzt verbietet man mir Streichhölzer!
Das ist keine Entwicklung, das ist Bevormundung - und damit Sozialismus!“
So sind sie. Immer.
Jederzeit.
Die Welt dreht sich. Sie nicht.
Weiter so … nicht!
Die Welt ist für sie zu schnell geworden.
Zu laut. Zu viel.
Also greift man wieder zum Glas von damals, öffnet es - und schwupps: alles wieder schön vertraut.
Im Glas ist die Welt noch in Ordnung.
Draußen? Chaos.
Dass ihr konserviertes Heute zur Büchse der Pandora für alle anderen geworden ist, begreifen sie nicht.
Sie haben Umweltverschmutzung, Machtverhältnisse, alte Strukturen gleich mit eingekocht - alles fein konserviert, etikettiert, ordentlich beschriftet.
Konservative ergötzen sich daran, “etwas erhalten zu haben”.
Nur geht es meist nicht um Werte, sondern um ihren geistigen Aggregatzustand.
Das Wissen, das Weltbild, die Gewohnheit - alles soll bleiben.
“Hach, was war der Rasen schön grün!”
Ja. Damals.
Heute ist er grau.
Klimawandel, Wirtschaft, Realität - alles verwelkt.
Aber das stört nicht. Hauptsache, das Etikett auf dem Glas ist noch lesbar.
“Ach kommt, Leute - machen wir ein Glas Gestern auf, da war der Rasen noch in Ordnung.”
Aber wehe, es wird wieder Heute.
Wir stecken in einer Zeitschleife. Ob wir da jemals herauskommen?
Man sollte meinen, Konservative wären längst ausgestorben - so viel Gestern kann kein Jetzt überleben.
Aber nein.
Sie sind wieder da.
Mit glänzenden Etiketten, alten Rezepten und der festen Überzeugung, dass Zukunft das ist, was man gestern eingekocht hat.
Die Welt dreht sich.
Nur sie - stehen noch am Regal.
Kommentare
Am besten per Mail oder Bluesky, Danke.