Polens Regierungschef im Blitzkriegmodus

Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki ist Rechtsstaatlichkeit zu angepasst. Hauptsache, sie gedeiht nach seinen eigenen Vorstellungen. Seinen neuesten Coup präsentiert er in einem Interview mit der Financial Times. Er möchte die EU weiterhin nach allen Regeln der Kunst melken, wo es nur geht. Trotzdem soll Polen autark von der Europäischen Gemeinschaft existieren. Nun droht er mit “Vergeltungsmaßnahmen”, wenn die EU einen “Dritten Weltkrieg” vom Zaun brechen will. Hintergrund sind die zu Recht zurückgehaltenen Gelder der EU, da das polnische Verfassungsgericht im Sinne der Regierung urteilte, nachdem wesentliche Teile des EU-Rechts nicht mit Polens Verfassung vereinbar sind.

©  2021 piqsels.com/361grad.eu
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Er warnte die EU in einem Interview mit der “Financial Times”, versprochene Gelder für sein Land zurückzuhalten: “Wenn sie den Dritten Weltkrieg beginnen, werden wir unsere Rechte mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln verteidigen.” Quelle: Spiegel

Was passiert jetzt? Drohnenangriffe? Panzer an der Grenze? Raketen? Ach nein, einfacher, man möchte sich zusätzlich selbst Schaden zufügen.

Morawiecki schloss auch nicht aus, dass Warschau wichtige EU-Vorhaben, wie das Klimapaket, blockieren könnte.

Alles halb so wild, damit hätten wir schon jetzt einen Schuldigen, wenn unsere Flinten-Uschi ihren Greeen-Deal nicht bekommt. Die fossile Wirtschaft wird Polen dankbar sein und rufen “Mehr davon!”. Der Hintergrund des Streits ist folgender:

Der EuGH kritisierte, der Landesjustizrat sei ein Organ, das “von der polnischen Exekutive und Legislative wesentlich umgebildet wurde”, an seiner Unabhängigkeit gebe es berechtigte Zweifel. Quelle: Tagesschau

Polen ist offenbar nicht regierungsfähig, wenn in dem Gremium keine Leute sitzen, die der Politik genehm sind. “Da habe ich mir so viel Mühe gegeben, meinen Gefolgsleuten so viel Macht zu ermöglichen und die EU watscht mich dafür ab!” Das geht natürlich gar nicht!

Ziobro argumentierte nun, in Deutschland würden Richter für den Bundesgerichtshof vom Richterwahlausschuss gewählt, der ausschließlich aus Politikern besteht. Dem Gremium gehören die 16 Justizminister der Länder sowie 16 weitere Mitglieder an, die vom Bundestag bestimmt werden. Damit sei der Ausschuss stärker politisiert als Polens Landesjustizrat, sagte Ziobro. Diesem gehören 17 Richter, sechs Parlamentsabgeordnete sowie zwei von der Regierung entsandte Mitglieder an. Quelle: Tagesschau

Echt? Lasst mich mal nachsehen. Artikel 95 Grundgesetz, Absatz 2 sagt folgendes aus:

(2) Über die Berufung der Richter dieser Gerichte entscheidet der für das jeweilige Sachgebiet zuständige Bundesminister gemeinsam mit einem Richterwahlausschuss, der aus den für das jeweilige Sachgebiet zuständigen Ministern der Länder und einer gleichen Anzahl von Mitgliedern besteht, die vom Bundestage gewählt werden.

Ich weiß jetzt auch nicht weiter.

Ob der Demokratieexport, angesichts der eigenen Unzulänglichkeiten, weiterhin eine gute Idee ist?

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